Argument 1: „Das Lieferkettengesetz macht nur Arbeit und bringt keine Vorteile“
Risikomanagement, Berichte, Audits: Das Lieferkettengesetz bringt eine ganze Reihe von Pflichten mit sich. „Es wird immer als ‚Bürokratiemonster‘ bezeichnet – und ja, es stimmt, es sind viele Vorgaben drin“, bestätigt Daniela Rak. Sie hat als Head of ESG beim Technologie- und Managed Service Provider Konica Minolta die LkSG-Vorgaben umgesetzt. „Aber es kann auch unterstützen, Einkauf und Governance deutlich zu verbessern.“ Denn wer seine Prozesse, Verträge und Lieferanten genauer unter die Lupe nimmt, findet nebenbei auch viele Potenziale zum Optimieren – und kann sich vergewissern, dass Zulieferer halten, was sie versprechen. So sichert das LkSG nicht nur Umweltschutz- und Menschenrechts-Standards, sondern kann auch die Qualität steigern.
Argument 2: „LkSG abschaffen bedeutet weniger Bürokratie“
Tatsächlich würden vereinzelte Aufgaben wie die Erstellung von BAFA-Berichten zunächst entfallen, sollte das Lieferkettengesetz gekippt werden. An den zentralen Aufgaben – Risikoanalyse und -management sowie Maßnahmen zur Sicherung der Umwelt- und Sozialstandards – würde sich allerdings nichts ändern, erklärt Daniela Rak: „Wir haben eine europäische Richtlinie, die bis 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss – die CSDDD kommt sowieso. Und die ist noch umfangreicher und in einigen Teilen auch strenger als das bisherige deutsche Gesetz.“ Die sogenannte „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ betrachtet zum Beispiel nicht nur die Lieferkette vom Rohstoff bis zum Produkt (Upstream), sondern auch vom Produkt bis zu den Endverbraucher*innen (Downstream).
Argument 3: „Das Lieferkettengesetz betrifft doch sowieso nur Großkonzerne“
Anfänglich galt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitenden, diese Grenze wurde auf 1.000 Mitarbeitende gesenkt. „Doch wenn ein Unternehmen selbst nicht unter das Gesetz fällt, heißt das nicht, dass es ignoriert werden kann“, gibt ESG-Expertin Rak zu bedenken. „Wer als Lieferant für größere Firmen infrage kommen will, muss dieselben Sorgfaltspflichten erfüllen – oder fliegt schlimmstenfalls aus der Kette.“ Der Effekt der Lieferkettenreaktion gilt beim LkSG wie auch bei anderen Gesetzen: Die Anforderungen werden entlang der gesamten Lieferkette von Unternehmen zu Unternehmen durchgereicht. Wer für Auftraggeber ein Risiko darstellt, ist klar im Nachteil.
Argument 4: „Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz behandelt Unternehmen unfair“
Ständige Kontrollen und beim kleinsten Verstoß werde sofort der Liefervertrag gekündigt – in der Diskussion um das Lieferkettengesetz sehen manche die mittelständischen Unternehmen im Nachteil. „Das Gesetz sieht aber vor, bei Problemen eine gemeinsame Lösung zu finden“, gibt Daniela Rak zu bedenken. Audits, bei denen sich Geschäftspartner vor Ort ein eigenes Bild machen können, seien zwar ein mögliches Instrument. „Aber ganz ehrlich: Geschäftspartner werden sich nicht ständig gegenseitig vor Ort auditieren. Und niemand hat ein Interesse daran, ständig neue Lieferanten zu suchen.“ Im Geschäftsalltag geht die ESG-Expertin eher von pragmatischen Lösungen aus.
Argument 5: „Verbraucher entscheiden sich auch ohne Gesetz gegen Ausbeutung“
Kund*innen würden bedenkliche Produkte gar nicht erst kaufen: Anstelle von Gesetzen würde der Markt selbst den Schutz von Umwelt und Menschenrechten gewährleisten, so die Versprechen einiger Politiker*innen. Daniela Rak vom Technologie- und Managed Service Provider Konica Minolta ist skeptisch. „Dass ich als Endverbraucherin in jedem Einzelfall prüfe, unter welchen Produktionsbedingungen ein T-Shirt oder ein Schokoriegel entstanden ist, halte ich für unrealistisch. Wer hat die Zeit und die Möglichkeiten, im Alleingang die ganze Lieferkette zu verfolgen?“ Außerdem spiele der Preis beim Einkaufen eine entscheidende Rolle. „Die Verantwortung liegt für mich bei den Unternehmen, nicht bei Einzelpersonen.“